Worin liegen die Unterschiede zwischen Fernrohren mit Porroprismen und solchen mit Dachkantprismen?
Fernrohre mit Porroprismen sind daran zu erkennen, daß ein deutlicher Versatz zwischen Objektiv und Okular vorhanden ist, wobei in der binokularen Anordnung zweier Fernrohre meistens die Objektive nach außen gesetzt sind. Diese Bauart geht auf die von Ernst Abbe 1893 patentierte Ausführung zurück, die den Fernglasbau begründet. Porroprismen gibt es in zwei verschiedenen Anordnungen, wobei heute die Porrosysteme 1. Art überwiegen. Etwa ab den 20iger Jahren sind dann auch Ferngläser mit anderen Prismenumkehrsystemen entwickelt und und in größerer Zahl hergestellt worden, wobei hier eine als Dachkante ausgebildete Reflexionsfläche typisch ist. Diese Systeme können ohne Achsversatz zwischen ein- und austretendem Strahl ausgebildet werden.
Typische Prismensysteme mit Dachkante sind benannt nach Abbe-König, Uppendahl oder Schmidt-Pechan, das wohl die weiteste Verbreitung gefunden hat.
Welche Vorteile für die verschiedenen Systeme sprechen, soll
nicht in aller Einzelheit bewertet werden. Entscheidungskriterien bei der
Entwicklung eines Fernglases können hierbei aber sein:
Sowohl klassische Porrosysteme als auch geradsichtige Dachkantprismensysteme haben
ihre Vor- aber auch Nachteile, die man im Rahmen der technischen Weiterentwicklung
zu reduzieren versucht.
Prismensysteme und deren Eigenschaften
Anzahl der Einzelprismen
Verkittung
Baulängenverkürzung
Obwohl in ihrer Erscheinung zum Teil nicht so modern, haben Porroferngläser für Hochleistungsgeräte nach wie vor ihre Berechtigung, da sie eine Reihe von technischen Vorteilen bieten:
Optische Leistung
Porroprismensysteme vermeiden den systembedingten Nachteil eines Prismensatzes mit Dachkante in Form von Polarisationseffekten, die bei dieser Art von Umkehrsystemen nur durch höchste Genauigkeit und phasenkorrigierenden Belag auf der Dachkante in ihrer Wirkung reduziert werden können.
Die Reflexion an den Kathetenflächen der Prismen erfolgt bei einem System nach Porro unter Ausnutzung des Effekts der Totalreflexion und damit nahezu verlustfrei. Es sind keine empfindlichen und transmissionsreduzierenden Spiegelschichten erforderlich.
Durch die zum Beispiel bei DOCTER zum Einsatz kommende Verkittung der beiden Einzelprismen reduziert sich die Anzahl der optisch wirksamen Flächen von 8 auf 6 und damit die Möglichkeiten von negativen Einflüssen auf die Abbildungsleistung. Gleichzeitig wird die Transmission durch Vermeidung von zwei Glas-Luftflächen erhöht. Bei einem Dachkantsystem nach Schmidt-Pechan sind es 10 wirksame Fächen, die die Abbildung beeinflussen.
Die klare Strahlführung durch das Prismensystem und die Verhinderung von Lichteinstreuungen durch eine geeignete Ausbildung der Prismenhalterung ermöglichen einen hohen Kontrast des Bildes. Das Auftreten von Aufhellungen im okularseitigen Lichtaustritt (Nebenpupillen), wie es auch bei hochwertigen Dachkantgläsern nicht immer sicher vermieden werden kann, wird vollständig ausgeschlossen und ermöglicht eine hohe Brillanz.
Mit einem Porroprismensystem können wesentlich größere Strahlbündel realisiert werden, die verlustfrei durch die Prismen geführt werden. Typischerweise sind die Lichtbündel bei gleichem Objektivdurchmesser gegenüber Dachkantgläsern doppelt so groß, die voll übertragen werden. Damit ergibt sich auch zum Bildrand hin ein helleres Bild als bei Dachkantgläsern üblich und eine bessere Eignung für die Dämmerung.
Mechanische Eigenschaften
Die Baulängenverkürzung durch das Prismensystem fällt auf Grund der stärkeren Faltung des Strahlenganges beim Porrosystem stärker aus als bei einem Dachkantglas. Dadurch bauen Porrogläser kürzer. Der Strahlversatz führt aber zu einem größeren Objektivabstand und damit einer breiten Bauweise. Dachkantferngläser können durch die gerade Bauform ein sehr elegantes Design erhalten.
Durch die Verbreiterung der Beobachtungsbasis wird im Nahbereich das plastische Sehen besser unterstützt.
Durch die nach außen gestellten Objektive können mit Porroferngläsern auch große Objektivdurchmesser kompromißlos verwirklicht werden, ohne daß wie bei der geradsichtigen Bauweise eine Einschränkung des kleinsten möglichen Augenabstandes erfolgt. So wird bei vielen Geräten ein deutlich über die Forderungen der einschlägigen Norm hinausgehender minimaler Augenabstand von 56 mm garantiert und damit günstige Beobachtungsmöglichkeiten für fast alle und auch junge Benutzer.