Parallaxe bei Zieleinrichtungen

Wenn sich die Zielmarke einer Visiereinrichtung und das durch das Objektiv abgebildete Objekt nicht in einer Ebene befinden, so kommt es, das sich bei einer seitlichen Bewegung des Auges die Zielmarke über das Objekt bewegt. Ein präzises Anvisieren des Zieles ist dann nicht mehr möglich. Diese Fehlerquelle nennt man - nicht nur in der Jagd, sondern auch in der Meßtechnik - Parallaxe.

Es ist nicht möglich, eine Zieleinrichtung zu verwirklichen, die keine Parallaxe bei jeder Objektentfernung aufweist. Jegliches Zielfernrohr oder Visiereinrichtung ist nur bei einer ganz bestimmten Entfernung parallaxefrei. Bei dieser Entfernung liegt das Bild des Objektes genau in der Ebene der Zielmarke. Bei allen anderen Entfernungen treten Parallaxefehler auf. Je größer der Unterschied zwischen der Beobachtungentfernung und der eingestellten parallaxefreien Entfernung, desto größer der Parallaxefehler.

Einzige Ausnahme sind spezielle Zielfernrohre mit der Möglichkeit zur Parallaxeeinstellung. Hierbei wird typischerweise das Objektiv oder eine Linsengruppe des Objektivs mittels eines Ringes so verschoben, daß die Bildebene wieder auf der Ebene der Zielmarke zu liegen kommt. Diese Vorgehen entspricht vom Prinzip her der Fokussierung bei Ferngläsern. Die Verstellung hier darf aber nicht zu einer Veränderung des Treffpunktlage führen, was technisch anspruchsvolle Lösungen erfordert.

Der entstehende Parallaxefehler außerhalb der parallaxefreien Beobachtungsentfernung kann berechnet werden. Dieser Wert ist abhängig von der Objektivbrennweite, der Vergrößerung und der Eintrittsöffnung.

Mit einem einfachen Test ist es möglich, sich einen Eindruck über vorhandene Parallaxe zu machen. Dazu wird zunächst das Absehen des Zielfernrohrs mit der Dioptrienverstellung scharf eingestellt. Bei Zielfernrohren mit variabler Vergrößerung werden diese auf maximale Vergrößerung eingestellt. Dann wird die Zieleinrichtung auf einen festen Untergrund so aufgelegt, daß ein Objekt hinter der Zielmarke zu liegen kommt. Wenn man dieses Objekt nun durch das optische Instrument anvisiert und innerhalb der Möglichkeiten der Austrittspupille das Auge nach rechts und links oder oben und unten bewegt, wird sich eventuell auch die Zielmarke auf dem anvisierten Objekt bewegen.

Dieser Test kann noch dadurch verbessert werden, indem beobachtet wird, ob sich die Zielmarke in der gleichen oder in der entgegengesetzter Richtung auf dem Zielobjekt bewegt wie der Kopf des Beobachters. Wenn sich die Zielmarke synchron mitbewegt bedeutet das, daß die tatsächliche parallaxefreie Entfernung größer ist als die Entfernung zum Zielobjekt. Wenn sich die Zielmarke in entgegengesetzter Richtung zur Bewegung des Kopfes bewegt, ist die parallaxefreie Entfernung kleiner als die Zielentfernung.

Es gibt immer eine Entfernung ohne Parallaxe. Diese beträgt in den meisten Fällen 100 m oder liegt zumindest in dieser Größenordnung. Entsprechend der Anwendung können auch andere Entfernungen gewählt werden. So ist es natürlich sehr sinnvoll, Sportzielfernrohre für das Scheibenschießen auf 10 m Entfernung auch auf diese Entfernung parallaxefrei einzustellen. Diese Einstellung wird werkseitig vorgenommen.

Der zulässige Fehler hängt ab von der Güte des Zielfernrohrs. Für Hochleistungsgeräte sieht die Norm einen zulässigen Parallaxefehler von 1 Winkelminute (moa) für Zielfernrohre vor, die auf Jagdwaffen verwendet werden. Bei Geräten für den allgemeinen Gebrauch beträgt dieser Fehler 2 moa. Ein Fehler von einer Winkelminute bedeutet, daß 3 cm Abweichung durch Parallaxe bei der angegebenen "parallaxefreien" Entfernung von 100 m vorhanden sein können. Die wirkliche parallaxefreie Entfernung weicht hier von der angegebenen Entfernung nach oben oder unten ab.

Bei Zielfernrorhren mit variabler Vergrößerung und einer Zielmarke in der zweiten Bildebene ist die Situation komplizierter. Der Vergrößerungswechsel wird duch die Verschiebung optischer Komponenten des Umkehrsystems erzielt. Diese Verschiebung muß justiert werden, um in etwa zu gewährleisten, daß durch die Verschiebung der Linsen des Umkehrsystems keine zusätzliche Verlagerung der Bildebene entsteht. Das ist nicht mit allerletzter Genauigkeit möglich. Deshalb müssen Zielfernrohre mit variabler Vergrößerung und einer Zielmarke in der zweiten Bildebene in jeder Vergößerungsstellung auf die parallaxefreie Entfernung geprüft werden, da hier unterschiedliche Werte entstehen.

Die Genauigkeit kann auch durch die Position der Höhen- und Seitenverstellung beeinflußt werden, sofern das Bildfeld nicht genügend geebnet ist. Deshalb ist zur Prüfung die Höhen- und Seitenverstellung in Mittenstellung zu bringen.